Vom Wanderparkplatz an der Reichensteiner Brücke zwischen Kalterherberg und Mützenich führt ein Wanderweg in den belgischen Staatsforst hinein. Auf dem Weg in Richtung Stellerholz und Pannensterzkopf führt dieser Weg nach wenigen Minuten über die Vennbahntrasse und von dort nach einem steilen Anstieg in gut einer Viertelstunde zur Richelsley. Das Sedimentgestein der Richelsley entstand in prähistorischer Zeit. Trotz aller widrigen Wettereinflüsse hat sich die mächtige Felsgruppe bis in unsere Zeit erhalten und überragt in 555 m NN deutlich das umliegende Gelände. Auf dem höchsten Punkt der Felsgruppe steht seit über 125 Jahren das Kreuz im Venn. Die Lourdesgrotte unterhalb des Kreuzes folgte nur wenige Jahre später. Deren Anfänge liegen auch schon über 122 Jahre zurück. Wer in Kalterherberg von der Richelsley spricht, meint damit meistens die Lourdesgrotte. Vom Kreuz ist seltener die Rede.
Pfarrer Arnoldy, Seelsorger in Kalterherberg von 1869 bis 1914, wollte zum Andenken an Prior Stephan Horrichem aus dem nahen Kloster Reichenstein ein Denkmal auf der Richelsley errichten. Stephan Horrichem wirkte von 1632 an 47 Jahre lang als Prior auf Reichenstein und hat in dieser Zeit viel Gutes für die Seelsorge im Monschauer Land getan. Arnoldy nannte ihn "Apostel des Monschauer Landes". Für ein Denkmal nach seinen Vorstellungen fehlte ihm aber das Geld. Statt des Denkmals hat Arnoldy schließlich 1890 für 800 Goldmark auf der Richelsley das Kreuz im Venn zur Erinnerung an Stephan Horrichem aufstellen lassen. Die Einweihung des Kreuzes erfolgte am 28.07.1890. In mehreren Quellen heißt es, das Kreuz sei aus Anlass der 200sten Wiederkehr seines Todestages errichtet worden. Stephan Horrichem verstarb am 12.08.1686. Sein 200ster Todestag lag also bei der Einweihung schon sechs Jahre zurück. Heute erinnert an Stephan Horrichem eine lebensgroße Statue in der Kirche im Eingangsbereich auf der Frauenseite. Lange Zeit stand die Statue auf dem Kirchengelände an der Ecke Malmedyer Straße und Arnoldystraße. Sie stand dort unmittelbar neben der das Kirchengelände umfassenden Mauer. Der Blick der Statue war auf Reichenstein gerichtet. Anlässlich des silbernen Pfarrerjubiläums schenkte die Pfarrgemeinde Kalterherberg Arnoldy die Lourdesgrotte. Seit 1894 befindet sich eine Marienstatue in einer Felsnische unterhalb des Kreuzes. Die Einweihung der Grotte erfolgte am 10.09.1894. An den Feierlichkeiten beteiligte sich damals das ganze Dorf. In seiner Ausgabe Nr. 37 vom 15.09.1894 berichtet das Montjoier Volksblatt in ausführlicher Form über dieses Ereignis. Auszugsweise folgen jetzt die wesentlichsten Punkte aus diesem Bericht:
Kalterherberg, 12. Sept. Ende voriger Woche und anfangs dieser Woche wurde hierselbst ein äußerst schönes Fest, das Fest des 25jährigen Pfarrer-Jubiläums unseres verehrten Pastors Arnoldy gefeiert. Samstag Abend wurde dem Jubilar ein Fackelzug dargebracht. Sonntags Morgen erinnerten Böllerschüsse und festliches Geläut schon früh an den festlichen Tag. Gegen 9 3/4 Uhr wurde der hochwürdige Jubilar von seiner Wohnung abgeholt und zur Kirche geführt, wo er ein festliches Hochamt celebrierte. Sein Vetter, der hochwürdige Herr Pastor Freyen, assistierte und zwei seiner hiesigen Schüler und früheren Pfarrkinder, die Herren Kapläne Mertens aus Wipperfürth und Henn aus Übach, ministrierten. Die Festpredigt hielt der Dominikanerpater Prümmer, ebenfalls ein Sohn unserer Pfarre. Um 1 Uhr fand unter reger Beteiligung der Pfarreingesessenen ein Festessen statt. Nach der festlichen Komplet fand eine zahlreich besuchte Festversammlung im Saale Hermanns statt, woselbst man in der fröhlichsten Stimmung bis ungefähr Mitternacht zusammenblieb. Den Glanzpunkt bildete eine Feier an der Richelsley, welche Montag Morgen stattfand. Die Pfarrangehörigen zogen prozessionsweise unter Begleitung sechs geistlicher Herren Morgens 9 Uhr zur Richelsley. Hier hielt Kaplan Lambertz aus Wissen, ebenfalls ein Sohn unserer Pfarre, eine ergreifende Predigt. Hierauf nahm der Jubilar die Einsegnung der Grotte vor und zum Schlusse sang das versammelte Volk in begeisterter Stimmung das Lied "Maria zu lieben". Der Jubilar dankte in sehr gerührter Weise den Pfarrangehörigen und sagte, dass er diese herrliche Stunde in seinem ganzen Leben nicht vergessen werde.
Das zur Entstehungsgeschichte vom Kreuz im Venn und der Lourdesgrotte.
Das Kreuz ist aus Metall gearbeitet und hat eine Höhe von 9,50 m und eine Armbreite von 4,50 m. Ungefähr 500 Schrauben halten die 110 Einzelteile des Kreuzes zusammen. Sie setzen sich im Wesentlichen aus Stahlblechplatten, Winkel- und Flacheisen zusammen. Das Kreuz hat ein Gewicht von 1.338 kg. In der Fachliteratur wird es als Kleeblattkreuz beschrieben. Die Balkenenden an beiden Armen und dem Kopf sind in Form eines dreiblättrigen Kleeblattes ausgestaltet. Das Kreuz hat die beiden Weltkriege ohne Schäden überstanden. Die erste Marienstatue ist in den Kriegsjahren 1941 zerstört worden. Hubert David hat in Kevelar einen Ersatz besorgt, der heute noch in der Grotte steht.
Im Laufe der Jahre hinterließen Witterungseinflüsse erhebliche Schäden an den Verschraubungen und Metallteilen. Die Schrauben hatten Rost angesetzt. Sie mussten in den letzten Jahren vor der Jahrtausendwende ausgetauscht werden. Die Metallteile erhielten einen neuen Schutzanstrich. Das Eisengeländer um das Kreuz auf der Felskuppe und der Aufgang zum Kreuz waren nicht mehr verkehrssicher verankert. Eisengeländer und Kreuzaufgang sind von Grund auf erneuert worden. Die Öffnungen am Fuße des Kreuzes sind damals verschlossen worden. Durch diese Öffnungen entsorgten manche Zeitgenossen Abfälle, die nach der Pause am Kreuz übrig blieben. Ebenso dienten diese Öffnungen gerne als Einstieg für jugendliche Kletterer, die Spitze des Kreuzes zu erstürmen. Alledem ist jetzt ein sprichwörtlicher Riegel vorgeschoben. Die unteren Öffnungen sind verschlossen. Die Arbeiten am Kreuz hat die Pfarrgemeinde Kalterherberg übernommen, Geländer und Aufgang die Gemeinde Bütgenbach im Rahmen der Partnerschaft mit der Stadt Monschau. Bei einem Freundschaftstreffen beider Kommunen im Jahre 2005 segnete Pfarrer Schnitzler die überarbeiteten Wahrzeichen der Richelsley ein. Damit verband er den Wunsch, der Ort möge weiter eine Stätte des Gebetes und der Erholung bleiben.
Bis heute ist die Pfarre St. Lambertus für die Unterhaltung des Kreuzes und der Grotte zuständig. Ein grundbuchmässiger Eintrag, wer Eigentümer ist, findet sich nirgendwo. Weder deutsche noch belgische Archive sagen dazu etwas. Die Pfarre wird heute, wie schon erwähnt, bei der Unterhaltung stark von der Gemeinde Bütgenbach unterstützt. In der Zeit vor dem ersten Weltkrieg gehörte das Gelände der Richelsley zu Deutschland. Nach dem ersten Weltkrieg veränderten sich die Landesgrenzen und die Richelsley gehörte fortan zu Belgien. Während des zweiten Weltkrieges kehrte sie nach dem Frankreichfeldzug bis zum Kriegsende ins Reichsgebiet zurück und fiel danach wieder an das Königreich Belgien. Der Wechsel in der Staatszugehörigkeit hatte auch Folgen bei der Organisation von kirchlichen Veranstaltungen auf der Richelsley durch die Pfarre. Für die Prozessionen zur Richelsley musste sie in der Nachkriegszeit immer Einvernehmen mit der belgischen Forstverwaltung erzielen. Die belgische Forstverwaltung hat die Prozessionen der Pfarre zugelassen. Eine engere Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg kam erst , wie schon beschrieben, mit der Pfartnerschaft der Gemeinde Büllingen und der Stadt Monschau zustande.
Neben den von der Pfarre organisierten Prozessionen ziehen auch heute noch viele Pilger allein oder in kleinen Gruppen vom beschriebenen Wanderparkplatz, von Ruitzhof aus oder über Reichenstein zum Kreuz und zur Lourdesgrotte an der Richelsley. Am ersten Mai hält die Pfarre Kalterherberg in den frühen Morgenstunden an der Grotte einen Gottesdienst ab. Am ersten Sonntag im Mai und im Oktober ruft die Pfarre zu einer Prozession zur Grotte mit anschließender Andacht auf. Beide Prozessionen gehen von Ruitzhof aus zur Richelsley. In besonderen Notfällen ziehen auch heute noch spontane Pilgergruppen zur Grotte. Im Ort existiert seit 1990 eine Medjugorje-Gebetsgruppe. Sie zieht seitdem am 24. Juni, dem Fest Johannes des Täufers, zur Richelsley. Diese Gebetsgruppe trifft sich inzwischen dort schon seit 25 Jahren. Wanderer und Biker aus Nah und Fern nutzen meist die Rast an der Richelsley, um vom Kreuz aus die umliegende Landschaft in Augenschein zu nehmen. Sie interessiert die Richelsley nur als Wahrzeichen und beliebter Aussichtspunkt. Unten an der Grotte verweilen meist die Pilger aus Kalterherberg und dem Monschauer Land. Wanderer und Touristen sind hier seltener vertreten. Auf die Entstehung der Grotte weist die Besucher eine Gedenktafel im Felsen hin. Zur Geschichte des Kreuzes findet sich vor Ort bis heute kein Hinweis. Aussagen dazu liefern nur Unterlagen aus kirchlichen und weltlichen Archiven und die Literatur zur Regionalgeschichte.
Verwendete Literatur:
Das Venndorf Kalterherberg mit dem Kloster Reichenstein von Josef Conrads
Hundert Jahre Eifeldom von der Pfarre St. Lambertus Kalterherberg
Kirchen und Kapellen im Stadtgebiet Monschau von Hans Peter Schiffer
Die Mitglieder des Prämonstratenserkonvents des Klosters Reichenstein von Herbert Arens
Universitäts- und Stadtbibliothek Köln/Montjoier Volksblatt, Nr. 37 aus dem Jahrgang 1894
Sonstige Belege zur Geschichte der Richelsley:
Akten Pfarrarchiv Kalterherberg